Irische Ortsnamen ...

... gestern und heute

Der feuchte Hang von Letterfrack

“Auf Ihren Seiten bin ich auf den Ortsnamen Letterfrack gestoßen”, schreibt eine Leserin, “samt Beschreibung als ‘feuchter Hang’. Nun hatte ich zuvor schon für ‘leitir’ die Bedeutung ‘a wet hillside’ gefunden, was ich für die englische Entsprechung von feuchter Hang halte. Für fraic alleine konnte ich nirgends eine Erläuterung oder Übersetzung finden. Any idea? Ich finde die Sprache schlicht faszinierend, [...] und so kam kürzlich in einem Text, den eine Kollegin bearbeitete, die Letterfrack to Leenaun Road near Tullycross vor, und ich stieß wieder auf diesen Ortsnamen und habe nun im Internet die Suche angetreten.”

Letterfrack bzw. Leitir fraic, schauen wir wieder bei P. J. Joyce nach. Im 1869 veröffentlichten ersten Band seiner ‘Irish Names of Places’, lesen wir, dass – vor allem im irischen Westen – unter leitir ein feuchter Hang zu verstehen ist, einer mit Wasserrinnsalen und feuchten Stellen. Heutige Wörterbücher hingegen übersetzen leitir schlicht mit hillside, also nur mit Hang. Doch vielleicht ist Feuchtigkeit ein solch inhärenter Bestandteil eines jeden irischen Hügels, dass sich ihre ausdrückliche Erwähnung in den Wörterbüchern erübrigt. Zumindest habe ich noch keinen bestiegen, ohne irgendwann nasse Füße bekommen zu haben.

Nun zum zweiten Namensbestandteil, fraic. Hier finden wir im 1913 erschienenen dritten Band von Joyce’s Werk den Hinweis, dass sich das fraic vom irischen bhreac, englisch speckled, herleitet. Dem schließt sich die Tullycrosser Gilde der Irisch Countrywomen’s Association in ihrem 1985 erschienenen ‘Portrait of a Parish’ (zu dem auch Letterfrack gehört) an und übersetzt Letterfrack mit ‘Speckled Hillside’. Wenn wir uns die Flecken als feuchte vorstellen, sind wir wieder beim feuchten Hang.

Doch könnte sich fraic nicht auch von fraoigh ableiten, dem Genitiv des irischen Wortes fraoch für Erika? “Genauso hat mir das ein Einwohner von Letterfrack beim Bier erklärt”, schrieb mir dieser Tage Dieter Lenz, der in dem kleinen Dorf am Eingang zur Renvyle-Halbinsel immer wieder Station macht. Ein mit Erika bewachsener Berghang erscheint als Erklärung für den Namen durchaus plausibel.

Alles klar? Vielleicht doch nicht. 1990 veröffentlichte der in Roundstone lebende Tim Robinson seine Connemara-Karte und fragt im Begleitheft, ob sich fraic nicht vom altirischen fraig (Frau) herleiten könne. Eine Frage, die noch niemand beantwortet hat.

 
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Ortsnamen in Irland, Stand 05.06.2009