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er Rücken meines Mädchens hält auch weiterhin nichts von langen Querfeldein-
Beim Frühstücken war die Himmel noch grau gewesen, doch bis zum Mittag haben sunny spells das Grau vertrieben und wir lunchen vor E.J. King’s: Fish and Chips för mien Deern und für mich einen leckeren Oven Baked Hake. Es tut gut, in der warmen Sonne auf der Bank vor dem Pub zu sitzen. Die Serviererin will uns unbedingt fotografieren, sie darf. So lassen wir uns viel Zeit, ehe wir eine neue Runde ums Karree machen, auf der Suche nach einem Poster mit der Ankündigung eines Konzertes in der Christ Church auf dem Hügel über der Stadt, das in der vergangenen Woche in irgendeinem Schaufenster hing.
Im Schaufenster des Antiquitätenladens an der Market Street hängt es nicht, aber man könnte ja mal reingehen und schauen, was es drinnen so gibt, meint mien Deern. Ich ziehe es vor, draußen in der Sonne zu bleiben und die Menschen auf der Straße zu beobachten, doch nach ein paar Minuten erscheint sie wieder in der Tür und winkt mich hinein: ein wunderschönes englisches Mokka-
Ob es statt für hundert auch für neunzig Euro geht? Der Ladenbesitzer – in Vertretung seiner Frau, wie er betont – schüttelt den Kopf und verweist darauf, dass vergleichbare Einzeltassen in seiner Vitrine für 25 Euro pro Stück einen Käufer suchen. Und überhaupt, fährt er fort, wundere er sich sehr, dass seine Frau dieses Service mit nur 100 Euro ausgezeichnet habe. Wir würden darüber nachdenken und vielleicht noch einmal wiederkommen, meint mien Deern und macht Anstalten den Laden zu verlassen. Doch er stoppt uns. Er glaube es zwar nicht, aber er könne ja mal mit seiner Frau telefonieren. Wenn wir noch einen Augenblick Zeit hätten? —
Wir haben und er telefoniert, zeigt sich dann äußerst überrascht: Seine Frau habe doch tatsächlich Ja gesagt! Beim bruchsicheren Verpacken erweist er sich dann als wahrer Könner.
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Die Abendmusik bei Molly’s in Letterfrack fällt zugunsten eines jährlichen Fundraising aus. Also zu Sammon’s, was den Vorteil hat, dass wir kein Auto brauchen. Dort spielt und singt der Banjospieler vom letzten Sonnabend begleitet von einer der Kane-
ls wir gestern Abend – oder war es schon der frühe Morgen? – aus dem Pub heimkehrten, hatte unser Reiseschaf Eileen Óg mein Mädchen mit einem Brief von Nis Puk und dem Kleinen Volk aus Tönning überrascht, darin Genesungswünsche für ihren Rücken. Der Brief sei über einen Regenbogen ins Cottage gerutscht, erklärte sie, in ihm verborgen ein unsichtbarer Mittsommernachtszauber von besonderer Heilkraft. Und tatsächlich fiel ihr heute Morgen das Aus-
Wir wollen in die Funiture Exhibition von Letterfrack, zu sehen, was die Studenten des College in den vergangenen zwölf Monaten zustande gebracht haben, doch die Möbelausstellung ist sonntags geschlossen. So schlendern wir über den Campus am Rande des Nationalparks und überlegen, was man statt dessen tun könnte. Im Park selbst, sagt die leidvolle Erfahrung, ist man bei diesem feuchtwarmen Wetter ein gefundenes Fressen für die Midges, und für den Weg über den Grat des Diamond Hill ist mien Deern noch nicht fit genug. Außerdem mangelt es an blauem Himmel und weißen Wolken, um von dort oben die Aussicht angemessen ins Bild setzen zu können. So landen wir im Avoca-
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Es wird Abend, und wir sitzen im Seafarer Restaurant von Veldon’s Pub. Als wir vor mehr als zwei Jahrzehnten zum ersten Mal nach Letterfrack kamen, war der lange, mit dem Pub verbundene Schlauch der Dorfladen. Ein Laden voller Überraschungen, in dem man Dinge entdeckte, die selbst im großen Supermarkt von Clifden unbekannt waren: Organic Mint Sauce, Balsamico Créme und genießbare Olivenöle zum Beispiel. Dann wurde der neue Laden gebaut, der ‘Schlauch’ stand jahrelang leer, und nach dem Tod des alten Peter Veldon schien der Pub mit allem, was dazugehört, den Bach hinunter zu gehen. Doch nun scheint (junges ?) Volk frischen Wind ins Business gebracht zu haben – und das sehr erfolgreich, wie es aussieht.
ir waren nicht auf Omey Island. Das kommt davon, wenn man nicht auf den Tidenkalender schaut, meint naseweis unser Reiseschaf Eileen Óg. Wir schlendern in Ufernähe über den Sand, lassen uns auf einem ihm entspringenden Felsbrocken nieder und warten erst einmal ab. Das Wasser zieht sich langsam zurück; wenn man Schuhe und Strümpfe auszieht, könnte man es vielleicht auf die Insel schaffen … “Lieber nicht”, meint mein Mädchen, “ein kaputter Rücken reicht! Blasen-
So fahren wir zu Sweeny’s, dem netten, sauberen Dorfpub von Claddaghduff, der in seinem angeschlossenem Laden auch noch eine Zeitung für uns vorrätig hat. Es ist die letzte. Wir sitzen draußen vor der Tür in der Sonne, gönnen uns jeder ein kleines Eis, genießen die friedliche Stimmung und betrachten das Meer. Nach einer guten Stunde geht es zurück nach Tully Cross. Ein Kaffee vor dem Cottage, dann wird das Strickzeug und ein Vorlesebuch geholt.
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Das warme Nachmittagslicht lockt uns zu einem Spaziergang aufs Moor hinaus, der sich aufgrund von Foto-Stopps auf 2 ½ Stunden ausdehnt. Zunächst wegen der Kühe, die uns mit treu-
So lassen wir den Hafen rechts liegen, wenden uns am Ende des Weges nach links und wandern am Ballynakill Harbour entlang zur Straße nach Tully Cross zurück. Über das Wasser hinweg erhebt sich im Abendlicht der Diamond Hill. Ganz allmählich zieht der blaue Himmel zu, und als wir zurück im Dorf sind, fallen die letzten Sonnenstrahlen auf das ‘Schreinerhaus’ neben der Kirche. Einst war es weiß und die Tür rot, doch seit Jahren leerstehend sind nur noch wenige Farbflecke davon geblieben.
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Wir haben keine Lust mehr zu kochen, finden noch einen freien Tisch im Paddy Coyne’s. Mit Muscheln und zwei Pint Guinness klingt der heitere Tag aus.
as Wetter schlägt langsam um. Mit dem Tagebuchschreiben bin ich etwas in Verzug geraten, und nun, ein paar Tage später, grübele ich darüber nach, was wir an diesem Vormittag unternommen hatten. Kurz vor Mittag, eine halbe Stunde ehe man schloss, waren wir in der diesjährigen Furniture Exhibition des National Centre for Excellence in Furniture Design and Technology in Letterfrack, zu sehen, was die Studenten in den letzten zwölf Monaten zustande gebracht hatten. Tolle Sachen sind dabei. Einige Stücke kann man auch kaufen; sie sind sogar bezahlbar – doch keine Chance, wenn man mit dem Flieger zurück muss.
Am Nachmittag graut sich der Himmel ein, schon morgen soll wieder regnen. Wir parken das Auto am Friedhof von Renvyle Head, besuchen Charlie und andere alte Bekannte und wandern den soeben gefahrenen Weg nach Renvyle Castle zurück, dessen Relikte sich weiterhin standhaft weigern umzufallen. Auf einer Kuppe mit Meerblick ruhen fünf Kühe. Sie sehen ganz zufrieden aus – es gibt ein Leben vor dem Steak. Rechts an der Turmruine vorbei führt ein Weg, den wir seltsamerweise noch nie gegangen sind, da wird es langsam Zeit. Zu späterer Stunde könnte man von hier aus die über dem Meer untergehende Sonne fotografieren, doch die beschließt, heute unbeobachtet zu Bett zu gehen.
Der Weg endet auf dem Hof einer Farm. Wir entdecken linkerhand einen geschotterten Weg den Hang hinauf zum Friedhof, wo unser Auto steht – wenn er, ja, wenn er nur nicht an eine Art Müllkippe vorbeiführen würde. So wandern wir die Strecke lieber zurück.
aut Wetterbericht des Irish Independent soll es bis zum Abend regnen, ein guter Tag also, um zu einem Städtchen-
Die Sonne scheint. Wir bummeln durch die Stadt, kaufen in einem Laden an der Bridge Street Organic Mint Sauce, schlecken auf einer Bank an der Mall ein Eis weg und beobachten einen Fischreiher, der von der Ufermauer des Carrowbeg River das Wasser inspizierend gleichfalls die Sonne genießt und Ausschau nach einer Mahlzeit hält. Nach einer zweiten Runde um den Block, bei der wir in einem kleinen Gemüseladen Zutaten für unser Stew heute Abend erstehen, und ein paar Fotos im Nachmittagslicht wandern wir zum Auto zurück und fahren – das Wetter ist zu schön, um sich jetzt schon auf den Heimweg zu machen – an die Clew Bay.
Ein Stopp irgendwo hinter Murrisk, doch mir gelingt es nicht, die wunderbare Stimmung über der Bucht einzufangen: mit dem Weitwinkel ist alles zu weit weg, und bei längerer Brennweite fehlt es in der Breite. Also weiter. Wir fahren durchs stille Louisburgh; am Ortsausgang geht es hinter der Brücke links ab nach Leenaun. Schon tauchen vor dem Eingang zum Doonlough Pass die Sheeffrey Mountains auf, doch was sieht man da etwas abseits der Straße? Ein Café in dieser Einöde, ein Rasthaus am Rande des Universums? Die Tür steht offen, doch die Inhaber sitzen schon selbst zu Tisch und läuten den Feierabend ein. Man habe den Betrieb erst Anfang des Monats eröffnet, erzählt die Landlady, und das Geschäft laufe not too bad, nicht schlecht. Zwei Coach Tours allein heute Nachmittag, denn seit die (bislang) einsame Straße von der Tourismusbehörde als Teil des Wild Atlantic Way propagiert wird, kämen hier auch Busse vorbei.
Aber wie kommen sie, frage ich mich zwanzig Minuten später mit dem Schwarzen See rechts und dem Berghang links der schmalen Straße, hier aneinander vorbei, sollten sich einmal zwei begegnen? Überhaupt fällt auf, dass der Verkehr im Vergleich zu früheren Jahren deutlich zugenommen hat – verlorengehen kann man hier jetzt nicht mehr. Fluch oder Segen des Wild Atlantic Way?
en Vormittag verbringen wir mit erholsamem Nichtstun – was nicht weiter schwer ist, wenn man bis elf Uhr frühstückt. Es ist unser vorletzter Tag in Irland, da kommt Wehmut und Abschiedsstimmung auf; irgendetwas müssen wir unternehmen sie zu vertreiben. Gibt es einen Fleck, an dem wir noch nicht waren, irgendetwas Neues, was wir noch nicht kennen?
“Da stand doch”, fällt meinem Mädchen ein, “neulich auf dem Weg nach Westport am Abzweig nach Louisburgh ein neues Schild mit der Aufschrift Café.” Ich erinnere mich, es wies auf eine in einen grünen Dschungel führende Einfahrt:
“Gelegen in einem rauen und engen Tal Westirlands, wird Ihnen der River Erriff und die Umgebung den Atem rauben. Ein Ort zum Angeln wie kein anderer – ein Ausflug in die Wildnis Connemaras …”,
werden wir später in einem Faltblatt lesen, doch wir müssen erst einmal hin. Nach zweihundert Metern durch die oben zitierte Wildnis – hoffentlich kommt uns jetzt keiner entgegen, dann müsste ich im Rückwärtsgang retour bis zur Straße – liegt vor uns in einem verwunschenen Grün die Aasleagh Lodge, ein restauriertes viktorianisches Landhaus aus dem neunzehnten Jahrhundert, gar nicht weit weg von der N59 und doch der Welt entrückt. So stelle ich mir Big Michael Flynns ‘Angler’s Hotel’ in Maurice Walshs Roman Green Rushes vor.
Im Café sind wir die einzigen zahlenden Gäste, vor uns auf dem Teller zwei große Stücke Kuchen; man ist sehr bemüht um uns. Die beiden Jungs am Fenster gehören offensichtlich zum Haus. Die Inhaber der Lodge haben sie erst vor kurzem übernommen und legen viel Wert auf Ambiente: der Tisch weiß eingedeckt mit zartem englischen Porzellan, das ein wenig an die Tassen erinnert, die mien Deern neulich in einem Clifdener Antiquitätenladen erwarb. Ob wir uns einmal die Zimmer ansehen möchten, werde ich gefragt, als ich bei einer Tasse Tee in dieses Heft kritzele. Wir sind zwar keine Restauranttester, wie man ob meines Schreibens vielleicht glaubt, und gehören auch nicht zur Zielgruppe der Angler, aber warum nicht? Man führt uns die Treppe hinauf und zeigt uns geräumige, individuell und recht nobel ausgestattete Gästezimmer zu überraschend moderaten Preisen. Viel Erfolg, können wir den Landlords da nur wünschen.
Wieder daheim im weniger gediegen ausgestatteten Cottage überfällt uns wieder Abschiedsmelancholie. Da pocht es an der Tür, und Anne Jack schneit mit zwei frisch gefangenen Fischen als Angebot für unser Dinner herein, eine Black Sole, wie sie sagt, und eine Lemon Sole. Seezunge und Limande, verrät später das Wörterbuch, letztere wird auch Rotzunge genannt. Wir zögern, wollen heute eigentlich nicht mehr kochen, sondern gleich rüber ins Paddy Coyne’s. “Vielleicht morgen Abend”, insistiert sie? An sich gerne, doch morgen Abend wollen zu einem Konzert der lokalen Nachwuchsmusiker nach Clifden. Sie lässt nicht locker: “And what about tomorrow for lunch?” Mien Deern akzeptiert das Geschenk – aber ich nehme die Fische nicht aus!
ir wollen nicht jetzt schon mit dem Packen beginnen und fahren in den Connemara National Park. Für den großen Rundweg über den Grat des Diamond Hill ist der Rücken von meinem Mädchen – was mir ganz gelegen kommt – noch nicht fit genug; wir nehmen also den mittleren, blau auf der Karte eingezeichneten Walk.
Blau ist zunächst auch der Himmel, mit weißen Wolken über dem Ballynakill Harbour und Tully Mountain. Dann schwärzt er sich dramatisch ein, auch nicht schlecht für ein Foto. Doch das verzieht sich wieder und wir gelangen trocken zum Auto zurück.
Wieder daheim werden die geschenkten Fische von gestern zubereitet. Das Ausnehmen übernimmt mien Deern, während ich mit diesem Heft nach draußen auf die Bank vors Cottage geschickt werde. Müsste ich zuschauen, würde ich wohl endgültig zum Vegetarier, und das will sie auch nicht. Trotz allen Mitleids mit den armen Fischchen schmecken sie eine halbe Stunde später ausgesprochen lecker.
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Fünf Euro kostet der Eintritt zum Connemara Magic Concert, bei dem in der Clifden Town Hall ‘Mehr als 40 von Connemaras besten jungen Musikern’ angeführt von den Kane Sisters und Marie Walsh ihr Können zeigen. Alle vierzig kommen zwar nicht, doch so um die dreißig sind es schon, die die Musik von ihrer neuen CD Connemara Magic vorstellen. Darunter auch der Reel Locked in the Church, an einen Vorfall bei den Aufnahmen zu der CD erinnernd, als die Musikanten von der Küsterin in der Annahme, die Kirche sei leer, am Abend in ihr eingeschlossen wurden. Das Resümee: Großartige Musik, und live noch großartiger als von der CD in der Stube.
Auf dem Heimweg fahren wir ein letztes Mal die Renvyle Halbinsel Richtung Castle hoch. Die Sonne ist nicht mehr zu sehen, doch am Himmel noch ein Leuchten. Ein Abschiedsfoto mit der Handy-
Reiseberichte Irland: Connemara 2015
© 2016 Jürgen Kullmann – Letzte Bearbeitung: 14.02.17