Nachrichten aus Irland

Mai 2002

Zusammengestellt nach Berichten von RTÉ, der Irish Times,
des Irish Independent und anderen Quellen

Aktueller Monat & Archiv

Freitag, 31. Mai 2002

Die nordirischen Polizeioberen begrüßen die Ernennung ihres neuen Chefs Hugh Orde. Ihr Sprecher McQuillan: “Wir sind sicher, Hugh wird ein großartiger Chief Constable der nordirischen Polizei, und wir freuen uns darauf, mit ihm zum Nutzen aller Menschen Nordirlands den Polizeidienst voran zu bringen und zu verbessern.” Die Unionisten im Police Board zeigen sich allerdings nicht übermäßig begeistert ob der Wahl, vielleicht deshalb, weil der 43-jährige der Untersuchungskommission über die Verwicklung von loyalistischen Paramilitärs, RUC-Sondereinheiten und des britischen Militärgeheimdienstes in den Mord des Belfaster Rechtsanwalts Finucane vorstand.

Mit der einvernehmlichen Ernennung eines neuen Parteivorsitzenden der Fine Gael hat es nun doch nicht geklappt. Ist wohl auch besser so. Nun gibt es vier Aspiranten auf die Nachfolge von Michael Noonan: Phil Hogan (Carlow/Kilkenny), Gay Mitchell (South Dublin), Richard Burton (ist das nicht ein Bruder von John, dem früheren Taoiseach, der seinerzeit von Michael als Fine Gael Chef abgesägt wurde?) und als einzige Dame im Quartett Edna Kenny aus Mayo. Mary Robinson kam doch auch aus jener Gegend, nicht wahr?

Donnerstag, 30. Mai 2002

Mary McAleese und Taoiseach Bertie würdigen den heute Morgen verstorbenen John B. Keane. “Der faszinierendste Aspekt an Keanes Talent war seine Fähigkeit zu bebachten und die Wunder des Lebens um ihn herum zu reflektieren”, meint die irische Staatspräsidentin. “Sein Werk zeigt eine tiefe Liebe zu seiner Heimat und seinem Land und gibt einen ungemein genauen Einblick in menschliche Stärken und Schwächen.” Taoiseach Bertie: “Als ich im letzten November anrief um John in Listowel zu besuchen, beeindruckte mich, wie er angesichts seiner lebensbedrohenden Krankheit in so guter Laune war und seine Liebe für Konversation und Politik, die sich überall in seinem Werk zeigt, zum Ausdruck brachte. ... John B. war ein Mann von ungeheuerem Talent, der das Leben, die Sprache, die Literatur und das Lernen liebte. Er war ein Koloss des irischen Theaters, dessen Werk ein Schatz für all jene ist, die mehr über das irische Leben wissen möchten oder ganz einfach die irische Literatur mögen.”

Im Alter von 73 Jahren stirbt in seiner Heimatstadt Listowel John B. Keane. Als Besitzer eines kleinen Pubs schrieb er 32 Prosawerke und Gedichtbände sowie 18 Theaterstücke. Zu seinem vermutlich bekanntesten Werk wurde The Field, Anfang der 90-er Jahre mit Richard Harris in der Hauptrolle in Leenaun, Co. Galway, verfilmt und mit einem Oscar bedacht. Manche seiner Stücke sind ein bisschen irisches Ohnsorg Theater, mit schöner Regelmäßigkeit im Galwayer Townhall Theatre aufgeführt. Und wer kennt nicht seine berühmten Briefe, acht Bände sind erschienen: Briefe eines irischen TD’s, Briefe eines irisches Heiratsvermittlers, Briefe eines irischen Postboten und so weiter und so fort. Mögest du vierzig Jahre im Himmel weilen, a Sheáin, bis der Teufel merkt, dass du tot bist.

Mittwoch, 29. Mai 2002

Die irische Nationalbibliothek hat für € 12,6 Mill. die nach Expertenmeinung bedeutendste Sammlung von Joyce-Manuskripten der Welt erworben. Es handelt sich um mehr als 500 handschriftliche Seiten des Autors, die unter anderem acht Episoden aus dem Ulysses enthalten. Aus London kommend hatte die Ministerin für Kunst, Kultur, Nationalerbe und die Gaeltacht Síle de Valera (ob ihr Großvater Joyce mochte, mag bezweifelt werden) die wertvolle Fracht im Gepäck und wurde am Flugplatz von Taoiseach Bertie begrüßt.

Nach dem für morgen vorgesehene Streik der Aer Lingus Piloten hat die Fluggesellschaft alle Flüge für Freitag und Sonnabend gestrichen. Es ist Holiday Weekend, und der irische Hotelverband warnt, 150.000 Arbeitsplätze seien in Gefahr, sollte die Sache nicht geregelt werden.
Am Abend kritisiert Taoiseach Bertie die Aer Lingus Piloten wegen der geplanten Streikaktionen. Er wolle sich nicht auf die eine oder andere Seite stellen, glaube jedoch nicht, dass der Streik unabwendbar sei. Sein Kommentar: “Ich bin nicht bereit mich von einer Seite vereinnahmen zu lassen, doch zweifellos muss der Überlebensplan, der entscheidend für die Zukunft von Aer Lingus ist, in allen Punkten umgesetzt werden. Und dies bedeutet, dass jeder seinen Beitrag dazu leisten muss.”

Dienstag, 28. Mai 2002

Derzeit werden in Nordirland die Ereignisse um den Bloody Sunday neu aufgerollt, dazu eine Meldung von heute: Nach Auskunft des früheren Privatsekretärs des damaligen nordirischen Premierministers Brian Faulkner glaubte selbst dieser nicht der Darstellung der Armee, sie habe in Derry Terroristen erschossen: “Wann je zuvor habe man bewaffnete Banditen in einer Menschenmenge erschossen, ohne dass ein einziger Zivilist verletzt worden sei”, habe sein Chef damals geäußert.

Bei Aer Lingus wird am Donnerstag gestreikt, 20.000 Passagiere sind betroffen. Passagieren, die an diesem Tag zur Fußballweltmeisterschaft in den Fernen Osten wollen, wird empfohlen bereits am Mittwoch zu fliegen. Ursache: Sieben von IMPACT vertretene Piloten wurden im Streit über eine neue Dienstplanregelung suspendiert, was ihre Gewerkschaft und die Kollegen auf den Plan rief. Die Fluggesellschaft sieht die neuen Regelungen als wichtigen Teil ihrer Überlebensstrategie.

Gesundheitsminister Martin warnt: Er denke darüber nach die Alkoholsteuer erhöhen, um den Iren das übermäßige Trinken zu verleiden und aus den Einnahmen die Kosten für alkoholbedingte Krankheiten bezahlen. Absolut fürchterlich sei die Tatsache, dass ein Viertel aller Unfall- und Notaufnahmen alkoholbedingt sei. Zudem habe die Gewalt auf den Straßen seit 1996 um 97 % zugenommen.

Montag, 27. Mai 2002

Zur Lunchzeit treffen sich Vertreter der Fianna Fáil und Progressive Democrats um über eine Neuauflage ihrer Koalition zu beraten. Taoiseach Bertie zeigt sich zuversichtlich, dass die Sache bis zum Wochenende unter Dach und Fach ist.

Am Abend bekommt Bertie dann Besuch vom nordirischen Regierungschef David Trimble (UUP) und seinem Stellvertreter Mark Durkan (SDLP). Es handelt sich um das erste Mal, dass die beiden gemeinsam zu Regierungsgesprächen in die Republik reisen. Schwerpunkt der Gespräche werden die Bemühungen zur weiteren Implementierung des Belfaster Abkommens nach den Wahlen in der Republik sein.

Katzenjammer hingegen bei der Fine Gael. Nach ihrer Pleite bei den Parlamentswahlen machen sich die Kandidaten auf den Parteivorsitz rar. Nur Phil Hogan, TD für Carlow/Kilkenny, hat bisher seine Mütze in den Ring geworfen. Vielleicht wird es auch keinen Ring geben: man denkt bereits darüber nach auf eine Wahl zu verzichten und den neuen Parteivorsitzenden durch Akklamation zu bestimmen.

Sonntag, 26. Mai 2002

Ausgezählt im County Wicklow und in ganz Irland: Der fünfte Sitz für Wicklow bleibt bei der unabhängigen Kandidatin Mildred Fox, die 19 Stimmen mehr als der Labour Kandidat Nicky Kelly bekam.

Manch einer meinte bereits, der Preisauftrieb bei Immobilien habe sich beruhigt, doch im April machten die Preise mit 2,9 % einen Sprung nach oben – der stärkste monatliche Anstieg seit Juli 1998. “Klar, dass die Preise wieder nach oben ziehen”, äußert sich ein Fachmann. Der Nachfragestau bei privaten Käufern aus dem vergangenen Jahr werde abgebaut und die Investoren kehrten auf den Markt zurück. Der Durchschnittspreis für ein Haus liegt derzeit in Dublin bei € 241.745 und landesweit bei € 169.020.

Sonnabend, 25. Mai 2002

Und das Zählen um den letzten Sitzplatz im Dáil geht weiter. Gestern Abend wurde in Wicklow der Check der 9. Zählung beendet und für heute steht die Nachzählung der 10. Zählung an.

Einer der berühmtesten Galway Hooker zerschellte gestern Nacht im Sturm vor Cork; zum Glück war niemand an Bord. Gebaut 1910, fuhr Patrick Pearse auf ihm im Jahr 1912 von Rosmuc zu den Aran Inseln um Mitglieder für die Irish Volunteers zu werben, von denen der Osteraufstand von 1916 ausging. Weiteren Ruhm erwarb sich das Schiff, indem es als einziger Galway Hooker bis an den Polarkreis und nach Amerika segelte. Nun gibt es nur noch vier original Galway-Hooker auf dem Wasser.

Freitag, 24. Mai 2002

Zum ersten Mal seit 1998 stieg in Irland wieder die Zahl der Selbstmorde und lag im vergangenen Jahr mit 448 Fällen (80 % männlich) um 112 höher als die Zahl der Verkehrstoten. 20 % der Opfer waren zwischen 15 und 24 Jahre alt, weiter 25 % zwischen 25 und 34.

Es wäre ja auch verwunderlich gewesen, wenn nur eine Woche nach den Parlamentswahlen das Endergebnis schon feststände. Und so wird in Wicklow der letzte Sitz für den 29ten Dáil neu ausgezählt: 5 Stimmen trennen derzeit den Labour-Kandidaten Nicky Kelly von Mildred Fox aus dem Fianna Fáil Establishment.

Donnerstag, 23. Mai 2002

Für mich ist es die Nachricht des Tages: In einem Interview mit der BBC verkündet der SDLP Vorsitzende Mark Durkan, zugleich stellvertretender Erste Minister Nordirlands, er könne sich vorstellen, dass seine Partei in den kommenden Jahren mit einer Partei aus der Republik Irland fusioniere. Die SDLP als sozialdemokratische Partei Nordirlands steht unter starkem Druck ihre Rolle als stärkste Partei im nationalen Lager an die Sinn Féin zu verlieren, die als bisher einzige Partei in allen 32 Counties antritt. Die Irish Labour Party dürfte die Ankündigung interessiert zur Kenntnis genommen haben. Eine Sprecherin der SDLP kündigt für heute Abend oder morgen früh ein Stellungnahme an, um ‘jegliche Konfusion in dieser Sache’ zu beseitigen.

In den ersten vier Monaten dieses Jahres verzeichnete das Dubliner Tourist Office 30 % weniger Besucher als im Vorjahr. In einer ehemaligen Kirche (Coffee Bar im Altarraum) ist es ja ganz nett eingerichtet, doch dass man sich Nummern ziehen und dann auf seinen Aufruf warten muss, erinnert mich sehr an deutsche Einwohnermeldeämter. Und da wir dies nie tun und stets ungezählt hindurchschlendern, fehlen wir vermutlich in der Statistik.

Mittwoch, 22. Mai 2002

Gaeltachtgebiete, in denen im täglichen Leben immer weniger Gälisch gesprochen wird, sollen nach einem Bericht der Gaeltachtkommission eine siebenjährige Galgenfrist bekommen den Trend umzukehren, oder ihren Gaeltachtstatus endgültig verlieren. Nur in 18 von 154 Gaeltachtregionen spräche 75 % oder mehr der Bevölkerung Gälisch als Umgangssprache, 12 davon im County Galway, 4 im Donegal und 2 in Kerry. Die derzeitige Politik habe beim Schutz der Sprache versagt, eine neue Strategie sei erforderlich.

Ein Bericht der Equality Authority, Gleichstellungsbehörde, würde man in Deutschland sagen, empfiehlt homosexuellen und unverheirateten Paaren die Adoption sowie die Annahme von Pflegekindern zu ermöglichen.

Während noch die letzten beiden Sitze ausgezählt werden, treffen sich die Progressive Democrats im Leinster House um über ihre mögliche Rolle im 29. Dáil zu beraten. Parteichefin Mary Harney scheint für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der Fianna Fáil zu plädieren – An Tánaiste ist schließlich ein schöner Titel –, will jedoch auch den Gang in die Opposition nicht ausschließen.

Dienstag, 21. Mai 2002

Zwar laufen noch Nachzählungen in zwei Wahlbezirken, doch viel kann sich nicht mehr ändern. Hier der aktuelle Stand der Wahlen zum Dáil (in Klammern die Ergebnisse bei der Wahl von 1997):

Fianna Fáil:	81	(77)
Fine Gael:	31	(54)
Labour Party:	21	(21*)
Progressive Democrats:	8	(4)
Green Party:	6	(2)
Sinn Féin:	5	(1)
Socialist Party:	1	(1)
Unabhängige Kandidaten:	13	(7)

* 17 Labour + 4 Democratic Left, die 1999 in der Labour Party aufgingen

Mehrere unabhängige Kandidaten haben angekündigt, sie würden gerne mit der Fianna Fáil zusammenarbeiten.

Was es nicht alles gibt: Die irische Lebensmittelaufsicht FSAI untersucht 30 Hähnchenfilets und findet in 17 von ihnen DNA von Rind und Schwein. Es handelt sich um Importe aus Holland.

Kommen wir zum Tierschutz. In Nordirland ist eine Gesetzesinitiative in Vorbereitung, die Zucht von Tieren mit dem Ziel der Pelzverarbeitung zu verbieten.

Montag, 20. Mai 2002

Bis alle Zählungen und Nachzählungen beendet sind, kann es noch bis zum Wochenende dauern, doch aus der anfänglich erwarteten absoluten Mehrheit für die Fianna Fáil wird wohl nichts. Mehr als ein Viertel aller Parlamentarier im 29. Dáil sind Newcomer mit einem Durchschnittsalter von 42 Jahren, wobei es sich in sechs Fällen um TDs handelt, die den Sitz ihres Vaters übernehmen. Allerdings werden unter den voraussichtlich 47 oder 48 Neulingen nur fünf bis sechs Frauen sein.

Nordirlandsekretär John Reid gratuliert Taoiseach Bertie Ahern zum Erfolg seiner Partei bei den Wahlen in der Republik Irland. Er sehe vertrauensvoll nach vorne auf die Fortsetzung der Partnerschaft mit der Fianna Fáil bei der Schaffung eines besseren Nordirlands. Den Erfolg der Sinn Féin, die die Zahl ihrer Sitze im Dáil verfünffacht hat (im letzten Dáil hatte sie einen), sehe er als Bestätigung dafür, dass in der Politik Demokratie über Gewalt gehe. Er begrüße dies sehr, es sei jedoch ein Prozess, der noch vollendet werden müsse.

Sonntag, 19. Mai 2002

15.00 Uhr. Neue Meldungen von der Wahl in Irland: “Berties Triumph und Fine Gael ausgebombt”, meldet heute Ireland’s Sunday Independent, es sei “der schlimmste Kollaps einer Partei seit dem Untergang der Irish Parliamentary Party im Jahr 1918” (seinerzeit stieg die Sinn Féin zur dominierenden Partei Irlands auf). Nach bisherigen Hochrechnungen wird die Partei von ihren bisher 54 Mandaten fast 20 verlieren. Bereits in der Nacht erklärte der FG-Vorsitzende Michael Noonan seinen Rücktritt, er übernehme die Verantwortung für die Niederlage, seine Position sei nicht mehr haltbar.
Zusammengefasst: Große Gewinne für die kleinen Parteien, die unabhängigen Kandidaten und Taoiseach Berties Fianna Fáil, doch ob es für die absolute Mehrheit von 84 Sitzen (bisher hatte die FF 77) reicht, erscheint inzwischen unsicher. Nach den Worten Berties wäre ihm eine Fortsetzung der Koalition mit Mary Harneys Progressive Democrats durchaus recht. Auf die Unterstützung durch unabhängige Kandidaten werden sie dann wohl nicht mehr angewiesen sein.

Wie es scheint, ist die Beherrschung der irisch-gälischen Sprache immer noch eine gute Voraussetzung, um von den Bewohnern Connemaras in den Dáil gewählt zu werden. Und so hatten im Wahlkreis Galway-West Éamon Ó Cuív von der Fianna Fáil (s.a. Bericht vom 11. Mai) und Michael D. Higgins von der Labour Party (im 27. Dáil Minister für Nationalerbe, Kunst, Kultur, die Gaeltacht und die Inseln) keine Probleme wiedergewählt zu werden.

Sonnabend, 18. Mai 2002

22.30 Uhr. Vierundzwanzig Stunden nach Schließung der Wahllokale sind 37 der 166 Mandate ausgezählt und alles scheint auf eine absolute Mehrheit der Fianna Fáil hinauszulaufen. Große Verluste für die Fine Gael, und Forderungen nach dem Rücktritt ihres Vorsitzenden Michael Noonan werden laut – so vom früheren Taoiseach John Bruton, den Michael im letzten Jahr aus dem Amt als Parteichef kippte. Die Sinn Féin hat mit zwei TDs die Zahl ihrer Parlamentarier bereits verdoppelt, ein dritter Sitz im Dáil ist so gut wie sicher und ein vierter und fünfter nicht unwahrscheinlich. Der bisherige Koalitionspartner der FF, Mary Harneys Progressive Democrats, gewinnt zu ihren 4 Sitzen womöglich einen hinzu. Durchwachsen die Stimmung bei Labour: im County Cork einen Sitz gewonnen, während der frühere Parteichef Dick Springs, der dereinst Mary Robinson zur Staatspräsidentin machte, seinen angestammten Sitz für Nordkerry abgeschrieben hat. Die Sozialistische Partei Irlands hat ihren einen Sitz im Parlament verteidigt.

Am Vormittag beginnt die öffentliche Handauszählung der Wahl zum Dáil, doch in drei Wahlkreisen wurde elektronisch gewählt und gezählt, so dass bereits erste Ergebnisse vorliegen. Von den 12 elektronisch ausgezählten Sitzen gehen 6 an die Fianna Fáil – ein Ergebnis, dass Spekulationen über einen Erdrutsch-Sieg der Partei Auftrieb gibt. Eine große Überraschung und ein bitterer Schlag für die Fine Gael: ihre frühere stellvertretende Vorsitzende Nora Owen verliert ihren Sitz im Wahlkreis Dublin Nord an Jim Glennson von der FF.

Freitag, 17. Mai 2002

Fast drei Millionen Wahlberechtigte dürfen heute unter 462 Kandidaten an 2.800 Wahlurnen ihre 165 TDs wählen. Geöffnet sind die Wahllokale von 7.30 bis 22.30 Uhr, und trotz schlechten Wetters mit heftigem Regen wird eine rege Wahlbeteiligung gemeldet.

Nach aufwändiger Renovierung wird heute Mittag um 2 Uhr das 1850 errichtete Great Southern Hotel in Killarney im neuen Glanz und alten Stil wiedereröffnet, passend zum Tee am Wahltag. Fast alle bedeutenden irischen Politiker der Geschichte kehrten dort ein, natürlich auch Queen Victoria bei ihrem Besuch im Jahr 1861. Vermissen wird man jedoch die berühmten Drehtüren, durch die bisher jeder Taoiseach und so mancher Staatspräsident gegangen ist. Brandschutzgründe haben ihnen den Garaus gemacht.

Donnerstag, 16. Mai 2002

Eine riesige Anlage zur Verwandlung von Heizöl in Dieselbenzin wird von der nordirischen Polizei im County Antrim ausgehoben. Kapazität: 75.000 bis 100.000 illegaler Dieseltreibstoff pro Woche. Wie es scheint, ist die grenzüberschreitende Praxis des ‘Diesel-Waschens’, bei der dem Heizöl seine rote (Nordirland) bzw. grüne (Republik) Farbe entzogen wird, sehr viel lukrativer als das Schwarzbrennen von Potín. (s. auch 11. März 2002)

‘Operation zu Fuß’, mit dieser Initiative will der Dublin City Council Schüler motivieren, sich nicht von ihren Eltern im Auto zur Schule bringen zu lassen, sondern zu Fuß zu gehen oder mit dem Fahrrad zu fahren. Get off your seat and apply your feet! lautet der Slogan. Nach einer Untersuchung sind irische Kinder im Jahr 3.800 Meilen unterwegs und sitzen 80 % der Zeit davon im Auto. Lehrer sind übrigens auch angesprochen.

Mittwoch, 15. Mai 2002

Von den ca. 5 Mill. Einwohnern Irlands sahen gestern Abend 1,2 Mill. die Fernsehdiskussion zwischen den beiden Kandidaten um das Häuptlingssamt – 835.000 davon über die ganze Dauer. Nach den meisten Kommentatoren hat Berties Hausforderer Michael Noonan von der Fine Gael einen knappen Sieg errungen, der K.o.-Schlag jedoch, meint die Irish Times, sei ihm nicht gelungen. Nur der Star ist da anderer Meinung: ‘Noonan verbläut Bertie’, lautet die Schlagzeile.

Das Ship Inn, ein Pub in Sligo, wird dazu verurteilt einen Traveller und seine Frau eine Nacht lang kostenlos zu bewirten. Das ODEI war zu dem Schluss gekommen, dass die beiden diskriminiert worden seien, indem man sie nicht bediente.

Wer trinkt, sollte sich dankbar derer erinnern, die den Brunnen gegraben haben, meint die irische Staatspräsidentin Mary McAleese auf einer Kundgebung vor 700 älteren Menschen in Trá Lí. Das heutige Irland sei ein friedlicher, selbstbewusster, wohlhabender Staat, und wer davon profitiere, schulde der älteren Generation, die diesen aufgebaut hat, großen Dank. Die Präsidentin sprach auf der All-Ireland Probus Rally.

Dienstag, 14. Mai 2002

Nicht nur mit seinem Wahlsystem fällt Irland in Europa aus der Reihe, auch damit, dass nicht überall im Land am gleichen Tag gewählt wird. Bereits morgen geht es auf fünf Inseln vor der Küste Donegals los: 775 Menschen dürfen auf Aranmore, Tory, Inisfree, Inisbofin und Gola zwischen 10.30 und 15.00 Uhr zu den Urnen gehen, wobei die Fischer von Aranmore aus Protest gegenüber EU-Richtlinien für Fischtrawler zum Wahlboykott aufgerufen haben. Am Donnerstag wird dann auf den Inseln vor der Küste Mayos und Connemaras gewählt, während die Inselbewohner im Süden erst am Freitag mit dem Rest der Bevölkerung zur Wahl aufgerufen sind.

Der Primas der anglikanischen Church of Ireland, Erzbischof Robin Eames, zeigt sich ernsthaft besorgt über den Friedensprozess in Nordirland. Versuche man auf der einen Seite der Gesellschaft die Entfremdung aufzuheben, so fühle sich die andere um so mehr entfremdet. Er teile nicht die Meinung, Nordirland sei ein kalter Platz für Protestanten geworden; viele jedoch glaubten dies und selbst Geistliche, mit denen er diskutiere. Begründete Klagen von beiden Seiten müssten fair und gleich behandelt werden.

Die Chester Beatty Library, seit 2000 im Gebäude des Glockenturms von Dublin Castle beheimatet, gewinnt den begehrten European Museum of the Year Award. Der Preis wird alle zwei Jahre an ein Museum vergeben, das in den 24 Monaten zuvor neu eingerichtet oder komplett reorganisiert wurde. Alfred Chester Beatty, der sein Glück im Goldbergbau in den Vereinigten Staaten machte, war ein leidenschaftlicher Sammler von Büchern, Manuskripten und Kunstobjekten und ließ sich schließlich in Irland nieder. Seine Sammlung vermachte er nach seinem Tod im Jahr 1968 dem Staat.

Montag, 13. Mai 2002

Die beiden Lager für die Wahl am kommenden Freitag stehen. Die Fianna Fáil empfiehlt ihren Wählern, ihre Transferstimmen den Progressive Democrats zu geben, die Fine Gael empfiehlt die Labour Party und die Grünen.

Labour Chef Ruairí Quinn ist nicht zimperlich und vergleicht Stimmen für die Sinn Féin mit Stimmen für Le Pen in Frankreich. Kein Wunder, dass die Sinn Féin auf die Barrikaden geht. Auf einer Pressekonferenz in Dublin nennt der nordirische Erziehungsminister Martin McGuinness die Bemerkungen zutiefst beleidigend für alle Sinn Féin Wähler und insbesondere für die, die in Nordirland unter Rassismus zu leiden haben.

An einer Mauer gegenüber dem Haus des SDLP-Abgeordneten für West-Tyrone Eugene McMenamin werden Todesdrohungen geschmiert. Für die Urheber hält der Abgeordnete republikanische Jugendliche, die damit gegen seine Mitarbeit in der nordirischen Polizeibehörde protestieren. Bereits am 8. April wurden zwei Autos der Familie vor dem Haus in Brand gesteckt.

Sonntag, 12. Mai 2002

Politiker beider Seiten verurteilen zornig die gestrigen Krawalle im Osten Belfasts. 11 Schüsse auf Polizisten wurden abgefeuert, 20 Benzin- und Säurebomben sowie andere Wurfgeschossen geworfen und ein Land Rover der Polizei in Brand gesteckt. Drei Polizisten wurden verletzt; Loyalisten und Republikaner schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Nordirlandminister John Reid bezeichnet die Randalen als Schläger, die dem Wunsch der großen Mehrheit der Bevölkerung auf beiden Seiten der Gesellschaft nach Frieden und Stabilität entgegenwirken.

Nach vom Ministerium für Gesundheit und Kinder veröffentlichten vorläufigen Zahlen wurden im Jahr 2000 2.104 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch aufgedeckt. Betroffen waren 1.991 Kinder.

Sonnabend, 11. Mai 2002

Im Lager der Fianna Fáil in Connemara ist ein Torfkrieg ausgebrochen, berichtet heute die Irish Times. Éamon Ó Cuív (schon bei dem Namen sieht man, der Mann spricht flüssig Gälisch) beschuldigt einen nicht genannten Parteigenossen, von dem alle wissen, dass es sich um den Minister der Meere und Naturressourcen Fahey handelt, ihm mit schmutzigen Tricks den ‘Torf’ bzw. die Stimmen zu klauen. Propagandisten von diesem Burschen zögen durchs Land, klopften an die Cottagetüren und redeten den Leuten ein, sie sollte Mr. Fahey zu ihrer ersten Wahl machen, da der Staatsminister für die Entwicklung der ländlichen Regionen Ó Cuív auch so hinreichend Stimmen bekäme um gewählt zu werden. Mr. Fahey lässt mitteilen, er wisse nichts von solchen Praktiken, doch natürlich könne man seine Werber alle nicht kontrollieren . . .

Schätzungsweise 50.000 McNamaras in aller Welt sind eingeladen, sich am Montag zum großen Clanstreffen nach Quin in den County Clare zu begeben. Dort begeht der Clan, der einst über weite Teile des Countys herrschte, den sechshundertsten Jahrestag der Gründung von Quin Abbey durch Siodha MacNamara im Jahre 1402. Sollten Sie also MacNamara, MacNarmara, McNamara, Macnamara, Mac na Mara, MacConmara, Macknamarra, Macnemara, McNemar heißen oder eine deutsche Variation des Namens tragen, auf nach Clare! Zweihundert Clansmitglieder aus dem Ausland, davon 160 aus den USA, haben sich nach Auskunft von Tom MacNamara, dem Clanssekretär, bereits angesagt. Das Treffen endet am kommenden Sonnabend mit einer Messe auf dem Feld bei den Ruinen der Abtei. Dort wird man dann auch den früheren Verteidigungsminister von John F. Kennedy, Robert McNamara begrüßen können.

Freitag, 10. Mai 2002

Irland ist nicht bereit einige der Palästinenser aufzunehmen, die heute nach fünfwöchiger Besetzung der Geburtskirche in Bethlehem nach Zypern ausgeflogen wurden. Für Militante sei im Land kein Platz, teilt ein Sprecher des Außenministeriums mit.

Der Norden startet eine große Kampagne um mehr Touristen ins Land zu locken. Über 170 Reiseveranstalter aus 24 Ländern kommen heute in Belfast zusammen, um sich davon überzeugen zu lassen, dass das Land ein Muss ist. Der nordirische Wirtschaftsminister Sir Reg Empey (UUP) zeigt sich vor den mehr als 200 Teilnehmern überzeugt, dass sich die Tourismusindustrie in diesem Jahr deutlich erholen wird.

Friedlich verliefen die Straßenproteste am gestrigen Abend in Dublin, bei denen 1.500 Teilnehmer gegen das Verhalten der Polizei bei der Anti-Kapitalismus-Demonstration am Montag protestierten. Im Mittelpunkt standen Forderungen nach einer Reform der Garda, einem Garda-Ombudsmann und einer Verringerung der Strafen für alle am Montag festgenommenen Demonstranten.

Donnerstag, 9. Mai 2002

Polizei und Demonstranten stehen in den Startlöchern für eine am heutigen Abend geplante Protestveranstaltung gegen das Verhalten der irischen Polizei bei der Anti-Kapitalismus-Demonstration vom Montag. Die Veranstaltung soll gegen 18 Uhr vor der Polizeistation an der Pearse Street in Dublin stattfinden. Nach den Worten einer Sprecherin von Globalise Resistance werde es wie alle Demonstrationen ihrer Vereinigung eine friedliche sein und sie hoffe, die Polizei werde dies diesmal respektieren.

Mittwoch, 8. Mai 2002

Der oberster Polizist der Republik Irland, Garda Commissioner Pat Byrne, teilt mit, er habe die Fernsehaufzeichnungen der Unruhen vom Montag gesehen und sei betroffen über das Verhalten der Garda. Die Vorgänge würden vorbehaltlos aufgeklärt und sowohl strafrechtliche als auch Disziplinarverfahren gegen Polizisten in Erwägung gezogen. Auch Taoiseach Bertie Ahern teilt die schon gestern von Justizminster O’Donoghue geäußerte Besorgnis über das Verhalten der Polizei bei der Anti-Kapitalismus-Demonstration am Montag. Er würde nicht notwendigerweise der Version der Polizei über die Vorgänge vertrauen, und die Ergebnisse der Untersuchung würden so weit wie rechtlich möglich veröffentlicht werden.

Die sogenannte Real IRA hat, so wurde vor einem Dubliner Gerichthof heute mitgeteilt, seit 1999 mehr als 80 Terrorakte begangen, den jüngsten davon vor einem Monat in Form eines Bombenanschlags vor den Toren des Maghaberry-Gefängnisses in Nordirland.

Dienstag, 7. Mai 2002

Der irische Justizminister O’Donoghue kündigt eine Untersuchung des brutalen Vorgehens der Garda bei der gestrigen Anti-Kapitalismus-Demonstration in Dublin an. Nach Zeugenberichten und Fernsehaufzeichnungen prügelten die Polizisten mit Gummiknüppeln auf Demonstranten ein, die eine Straße im Stadtzentrum blockierten; andere berichteten von schlagenden Polizisten, die keine Erkennungsnummern trugen. Für das letztere sieht der Justizminister bisher keinen Beweis, ein Polizeisprecher meinte jedoch, es können schon einmal vorkommen, dass ein Polizist ‘so plötzlich aufbrechen müsse’, dass er keine Zeit hätte seine Uniform in den ‘vorgeschriebenen Zustand’ (d.h. mit sichtbarer Erkennungsnummer) zu bringen. Zwölf Demonstranten wurden ins Krankenhaus gebracht, Verletzte auf Seiten der Polizei gab es nicht.

Montag, 6. Mai 2002

Drei Löschzüge der Dubliner Feuerbrigade rücken gegen halb elf am Vormittag in die Westmoreland St. aus, wo im Küchentrakt von Bewleys ein Brand ausgebrochen ist. Das Gebäude wird evakuiert, Verletzte werden keine gemeldet. Auch wenn sein Glanz in den letzten Jahren etwas verblasst sein soll, ziehe ich das Café in Westmoreland St. den beiden anderen Bewley’s Oriental Cafés in der Grafton und South Great Georges St. vor.

Sonntag, 5. Mai 2002

Nun sind es noch 12 Tage bis zur Wahl und die Versprechungen überschlagen sich. € 1 Mrd. will die Fianna Fáil in den nächsten Legislaturperiode für die Schulen ausgeben, sollte sie wieder in die Regierung gewählt werden. Kein Kind bis zum 9. Lebensjahr soll künftig in Klassen mit mehr als 20 Schülern unterrichtet werden. Dem Dubliner Erzdiakon der Church of Ireland platzt der Kragen: was das politische Establishment in diesen Wochen an Versprechungen von sich gäbe, sei schlichtweg unglaubwürdig und unverantwortlich.

28 Polizisten und 10 Zivilisten werden in Belfast verletzt, als nach dem schottischen Cupfinale zwischen den Rangers und Celtic (Ausgang 3 : 2) Ausschreitungen zwischen Loyalisten und Republikanern ausbrechen. Man berichtet von Benzinbomben und Schüssen, bis zu 800 Personen sind involviert.

Lange hat’s gedauert, so lange, dass ich es um einen Monat verpasst habe, doch nun hat die irische Hauptstadt mit dublin.ie endlich eine offizielle Website. Freigegeben wurde sie Anfang letzten Monats durch Dublins Lord Mayor Michael Mulcahy und dem Direktor des Dublin City Development Board Peter Finnegan. Connecting the Citizens, lautete der Beitrag in einer Sonderbeilage zur Irish Times, in der das Portal vorgestellt wurde.

Sonnabend, 4. Mai 2002

Eine nordirische Polizeistation im südlichen County Armagh, kurz nach Mitternacht. Verzweifeltes Klopfen an der Tür, ein junges Paar aus dem County Monaghan jenseits der irisch-irischen Grenze. Bei der Frau haben heftige Wehen eingesetzt und wenige Minuten später bringt sie mit Hilfe einer Sanitäterin der britischen Armee ein gesundes Mädchen zur Welt. Go n-éirí an bóthar leat, a chailín!

Doch die nordirische Polizei hat auch anderes zu tun und findet bei einer Hausdurchsuchung in einem loyalistischen Bezirk im Süden Belfasts Handwaffen und Munition. Zwei Männer werden festgenommen. Gleichzeitig nehmen ihre schottischen Kollegen 6 Männer im Alter von 28 bis 48 unter dem Verdacht terroristischer loyalistischer Aktivitäten fest.

Sollten sich die Meinungsumfragen bestätigen, so wird Bertie Ahern nach dem 17. Mai der erste Häuptling seit zwanzig Jahren sein, der mit einer absoluten Mehrheit im Parlament regieren kann. Die prognostizierten 48 % für seine Fianna Fáil dürften mehr als genug sein, um über die Hälfte aller Sitze im Dáil zu erringen. Die Umfrageergebnisse für die weiteren Parteien: Fine Gael 21 %, Labour 11 %, Grüne und Sinn Féin jeweils 4 %, Progressive Democrats (derzeit mit FF in einer Koalition) 3 %, unabhängige Kandidaten 9 %.

Freitag, 3. Mai 2002

Neue Finanzdaten gießen Wasser auf die Mühlen der Opposition, doch ob es ihr bei den Wahlen in zweieinhalb Wochen hilft, ist letzten Meinungsumfragen zufolge fraglich. Nach diesen Zahlen sind die Staatsausgaben im laufenden Jahr um 21 % gestiegen. So gab es in den ersten vier Monaten dieses Jahres bei der Einnahmen-Ausgaben Rechnung ein Defizit von € 113 Mill., dem für den Vergleichszeitraum 2001 ein Steuerüberschuss in Höhe von € 1,78 Mrd. gegenüberstand.

Und hier aktuelle Zahlen vom Arbeitsmarkt: Die Zahl der Arbeitslosen- und Sozialhilfeempfänger in Irland liegt mit 159.000 um 20.000 höher als noch vor einem Jahr, die Arbeitslosenrate bei 4,2 %.

In den letzten 20 Jahren ist die Produktion auf irischen Fischfarmen von 600 auf 20.000 t jährlich gestiegen. Und so veröffentlicht die Vereinigung irischer Lachsfarmer ein ihnen geneigtes Gutachten, nach dem es – anders als bei norwegischen und schottischen Lachsfarmen – unwahrscheinlich sei, dass von ihrem Broterwerb eine Gefahr für die Umwelt ausgeht.

Donnerstag, 2. Mai 2002

Mehr als 1.000 Mitglieder der irische Traveller-Gemeinde kommen nach Dublin um gegen die umstrittene Trespassing Bill zu protestieren, ein Gesetz, durch das sie sich zu Kriminellen gemacht fühlen. Mit Bannern und Sprüchen wie Travellerrechte sind Menschenrechte marschieren sie die O’Connell Street hinunter um vor dem Umweltministerium eine Kundgebung abzuhalten.

Am Abend wird der britische Premierminister Tony Blair mit seinem Schatzkanzler im Gefolge in Belfast erwartet. Eine Menge zu tragen werden die beiden haben, denn man vermutet ein mehrere Milliarden englische Pfund schweres Investitionspaket zur Verbesserung des öffentlichen Dienstes und der Infrastruktur des Landes in ihrem Gepäck.

Nach erheblichen Protesten in seiner eigenen Partei entschuldigt sich Sport- und Tourismusminister McDaid für seine ‘missverständlichen’ Bemerkungen über Selbstmörder (s. 1. Mai). Die Ministerin für öffentliche Aufgaben Mary O’Rourke zeigt sich zutiefst geschockt und kann nicht verstehen, was in ihren Kollegen gefahren ist. Taoiseach Bertie schließt sich der Kritik zwar an, meint jedoch, für eine Entlassung des Ministers sei die Sache nicht bedeutsam genug.

Letzte Woche sprach der frühere Taoiseach Garret FitzGerald von der Fine Gael in New York vor amerikanischen Wirtschaftsführern. Arg verblüfft waren seine Zuhörer, als sie erfuhren, dass die derzeitige Regierungspartei Fianna Fáil bei der letzten Wahl mit 39,3 % der Stimmen 46,4 % der Sitze errungen hatte.

Mittwoch, 1. Mai 2002

Dortmund. Während vom CD-Spieler im Küchenregal Hannes Wader in einer 30 Jahre alten Aufnahme die Arbeiterbewegung besingt, blättere ich die Irish Times vom letzten Wochenende durch. Die Nachricht ist schon ein paar Tage alt – ich bringe sie dennoch und lege zuvor eine in den 70-er Jahren im Rundfunk mitgeschnittene Aufnahme von ‘The Town I Loved So Well’ auf. Hier die Nachricht:
“Am letzten Freitag, beim alljährlichen Spendensammeln der SDLP in Dublins Burlington Hotel, gab es mehr Glamour als je zuvor: mit Paul Brady am Klavier und Bono als Sänger. Und so sang Bono Brady’s The Island, inzwischen zur Friedenshymne Nordirlands geworden, und konnte der Aufforderung nicht widerstehen, John Hume bei seinen beiden Gesangsbeiträgen zu begleiten: We Shall Overcome und [natürlich] The Town I Loved So Well. So wurde die Veranstaltung auch zu einem Abschied für John Hume und Séamus Mallon, die die Partei und Nordirland durch die Jahre der größten Unruhen geführt hatten. Michael Woods vertrat den Taoiseach, und unter den weiteren Gästen befanden sich Ruairí Quinn, Liz O’Donnell und Prionsías de Rossa [von der Irish Labour Party]. Hume war voll des Lobes für Bono und seine Dritte-Welt-Aktionen sowie Ali Hewson und ihre Anti-Sellafield-Kampagne, doch seine spezielle Anerkennung galt Paul Brady, den er in St. Columb’s in Derry unterrichtet hatte. Brady sei, so sagte er, das größte Talent, das Strabane je hervorgebracht hätte.”

Nach Ansicht von Staatspräsidentin Mary McAleese ist der Selbstmord unter Jugendlichen eines der dringendsten Probleme der irischen Gesellschaft (s. 8. Dezember 2000). Der irische Sport- und Tourismusminister McDaid sieht die Sache einfacher. Für ihn sind Selbstmörder selfish bastards, egoistische Bastarde.

Irlandnachrichten: Nachrichten aus Irland – Mai 2002