rank hatte im akademischen Jahr 1996/97 einen Lehrauftrag für Deutsch als Fremdsprache am University College Dublin und absolvierte gleichzeitig ein Magisterstudium in Deutsch, pardon: German. Dieses schloss er 1997 als Master of Arts (M.A.) ab. Eine spannende Zeit für ihn, da er sich einerseits im Studium mit ungemein interessanten Themen beschäftigte, ihm andererseits aber auch der Umgang mit den Studenten viel Spaß machte. Sie liebten ihn wohl wirklich sehr und gingen zum Ende seines akademischen Jahres mit ihm (und mir – irgend jemand musste uns ja im Auto nach Hause fahren ...) ins Pub. Wir hatten viel Spaß miteinander. Außerdem schenkten sie uns einen Voucher für den Besuch eines guten Restaurants, das war wirklich ganz besonders lieb.
Frank versuchte seine Kurse interessant und abwechslungsreich zu gestalten, und so kündigte er den Studenten einmal an, er hätte eine deutsche Schriftstellerin eingeladen, die einen Krimi mit dem Titel „Ein Bier zuviel“ geschrieben habe. Er umriss kurz das Thema des Buches – einer Frau reißt, als ihr Mann wieder einmal sturzbetrunken nach Hause kommt, der Geduldsfaden und sie bringt ihn um – und gab ihnen auf, sich für nächste Woche Fragen an die Autorin zu überlegen. Nun, die „Autorin“, die in der darauf folgenden Woche erschien, das war ich ... Es wurde eine interessante Runde, die Studenten hatten viele Fragen über Deutschland an sich und die DDR, und der Zweck der Stunde, Konversation, war definitiv erfüllt. Das nicht existente Buch stand (zum Glück!) nicht im Mittelpunkt. Erst viel später erfuhren sie, dass ich keine echte Schriftstellerin war, sondern Franks Freundin. Einer der Studenten kam einfach nicht darüber hinweg, schaute mich immer wieder an, murmelte „Ein Bier zuviel ...“, schüttelte den Kopf und lachte.
Einmal kam in seinem Unterricht die Wendung „Ich war in Schweiß gebadet“ vor und Frank wollte sich vergewissern, dass alle sie verstanden. Er fragte eine Studentin, was sie wohl bedeute, und bekam zur Antwort: „I went for a swim in Switzerland“!
Im Sommer 1997 gab Frank seine Magisterarbeit ab, und Ende Oktober kam der große Tag der Graduation, an dem mit allem Pomp und was dazu gehört die Magisterurkunden überreicht und die Titel verliehen wurden. Die frisch gebackenen Akademiker (es waren auch Bachelors und Doktoren darunter) mussten im traditionellen schwarzen Umhang erscheinen, den man sich mieten konnte. Darüber trug man eine Art Cape, dessen Farbzusammenstellung je nach akademischem Grad und Fach unterschiedlich war. Ich habe Frank immer geneckt, mit dem schwarzen Umhang würde er sich in eine Krähe verwandeln! Das Cape mit Anstand darüber zu befestigen, das heißt so, dass es einigermaßen symmetrisch sitzt, nicht völlig verdreht ist und dann möglichst auch noch in dieser Position bleibt, erwies sich als nahezu unmöglich. Die anderen schienen wesentlich besser damit zurecht zu kommen – ob das wohl eine angeborene kulturelle Fertigkeit ist?
Alle mussten in der großen und feinsten Aula der Universität Platz nehmen, vor ihnen auf der Bühne die akademischen Würdenträger der Uni, die an den Titelverleihungen beteiligt waren. Jeder Würdenträger hatte die „Tracht“ angelegt, die zu dem höchsten von ihm erworbenen Titel gehörte, und diese Trachten wiederum unterschieden sich in Abhängigkeit von der wissenschaftlichen Disziplin und der Universität, die den Titel verliehen hatte. So erweckte ihr Anblick den Eindruck eines farbenfrohen Völkchens aus dem Mittelalter! Es wurden Reden geschwungen (Latein mit englischem Akzent!) und dann die Absolventen namentlich aufgerufen. Sie kamen nach vorne und erhielten ihre Urkunde sowie einen Händedruck. Ein fürwahr großer Augenblick!
© 2004 Katja Heimann-Kiefer