Die (noch) staatliche irische Luftverkehrsgesellschaft Aer Lingus erwartet für dieses Jahr einen Nettoverlust von über 25 Mio. Euro. Die finanzielle Lage der Gesellschaft ist damit ernster als bisher angenommen.
Freitag, 29. Juni 2001
Taoiseach Bertie Ahern und der britische Premierminister Tony Blair wollen in der kommenden Woche einen neuen Anlauf zur Lösung der Nordirlandkrise unternehmen. Für Sonntag wird der Rücktritt des nordirischen First Ministers David Trimble erwartet. Nach seiner Ansicht hört die nordirische Exekutive dann solange auf zu existieren, bis nach einer Neuwahl des Regionalparlaments eine neue im Amt ist.
Alle 76 Supermärkte der Tesco-Gruppe sind heute geschlossen, nachdem 9.500 Mitarbeiter in den Streik getreten sind. Der Verlust für die Kette wird auf 5 Mio. Euro geschätzt. Nach Ansicht der Geschäftsführung ist der Streik völlig unnötig, da das Gehaltsangebot bereits um 4 % über den 7,5 % liegt, die im Programme for Prosperity and Fairness fixiert sind.
Zum ersten Mal werden zwei vor mehr als einem halben Jahrhundert geschriebene Gedichte Patrick Kavanaghs veröffentlicht: das Gedicht ‘Ungrateful Singer’ im Galwayer Kunstmagazin west47 und im Irish Times Literary Supplement ein unbenanntes Gedicht aus dem Jahr 1950.
Donnerstag, 28. Juni 2001
Derweil sich Taoiseach Bertie Ahern und der britische Premierminister zu neuen Gesprächen nach Nordirland aufmachen (siehe gestrige Meldung), äußert der britische Nordirlandminister Dr Reid, er glaube an eine Waffenabgabe durch die IRA. Wörtlich: “Ich denke eigentlich, dass dies geschehen wird. Ich glaube, dass David Trimble glaubt, dass dies möglich ist, und er hat sich weit vorgewagt und ist ein Risiko eingegangen. Es ist bisher nicht alles so schnell oder substantiell geschehen, wie David glaubt. ... Doch lasst mich dieses sagen: Ich glaube, sollte einen substantiellen und signifikanten Fortschritt in Richtung auf eine Waffenabgabe durch die IRA geben, so würde dies die gesamte Bevölkerung begrüßen, nicht nur die Unionisten.”
Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte und frühere irische Staatspräsidentin Mary Robinson sagt bei der Vorbereitung der UN-Weltkonferenz gegen Rassismus in London, Irland hätte allen Grund mehr gegen die Rassendiskriminierung zu unternehmen.
Nach den Worten seines Direktors Michael Colgan droht dem Dubliner Gate Theatre die Schließung, da sich der Arts Council weigert die jährlichen Zuschüsse in Höhe von 548.000 Euro zu erhöhen.
Mittwoch, 27. Juni 2001
Auf ihrem Amtssitz Áras an Uachtaráin feiert die irische Staatspräsidentin Mary McAleese ihren fünfzigsten Geburtstag, in der Gesellschaft eines Mannes, der nahezu doppelt so alt wie sie selbst ist und am 7. Juli 100 Jahre alt wird. Col. Seán Clancy, letzter noch lebender Offizier der Armee des irischen Freistaates, der Michael Collins und Arthur Griffith noch persönlich gekannt hat, genießt mit ihr den Schokoladenkuchen, den das Personal ihrer Chefin zuvor präsentiert hatte.
Wie soeben gemeldet, werden Taoiseach Bertie Ahern und der britische Premierminister Tony Blair morgen nach Nordirland reisen und auf Hillsborough Castle in Gesprächen mit dem nordirischen First Minister David Trimble, seinem Stellvertreter Séamus Mallon sowie Sinn Féin Präsident Gerry Adams versuchen einen Ausweg aus der Krise zufinden. In der Luft steht die Drohung David Trimbles, er werde am 1. Juli zurücktreten und damit die nordirische Regierung zu Fall bringen, sollte die IRA bis zu diesem Zeitpunkt nicht mit der Waffenabgabe begonnen haben. Nach Quellen aus Dublin und London ist jedoch kein Durchbruch zu erwarten.
Ein geplantes neues Gesetz, das die gegenwärtige Gesetzgebung aus dem Jahr 1908 ablösen soll, will die Strafmündigkeit von Kindern von 7 auf 12 Jahren heraufsetzen. Es basiert auf dem Prinzip, dass Haft für Kinder nur ein allerletztes Mittel sein kann und soll Verfahren implementieren, bei denen straffällige Kinder mit ihren Opfern konfrontiert werden und ihr Tun bedauern. Weitere Sanktionen wie Ausgehverbote, spezielle Erziehungsmaßnahmen und Kompensationszahlungen sind vorgesehen.
Wird die Suche nach dem Lough Ree Monster (s. 13. Juni) erfolgreich? Das Forschungsteam vermeldet, es habe ein großes, nicht identifizierbares Tier im Wasser gesehen. Die Beschreibung passt zu einer Beobachtung dreier Priester aus dem Jahr 1960, die seinerzeit eine große, schlangenartige Kreatur nahe ihrem Boot haben schwimmen sahen. Es hatte einem 18 Inch langen Kopf mit Augen, einer langen Nase und aus dem Wasser ragenden Ohren.
Dienstag, 26. Juni 2001
Justizminister John O’Donoghue beantragt die Antiterror-Gesetze verlängern, die nach dem Bombenanschlag von Omagh eingeführt wurden, um die Aktivitäten dissidenter republikanischer Paramilitärs zu bekämpfen. Den Zeitpunkt hat er gut gewählt, denn soeben entdeckte die Polizei in Monagham in einer Milchkanne eine hausgemachte 50-Pfund-Bombe.
Die irische Zentralbank schließt sich der EU-Kritik an und fordert die Regierung zu Zurückhaltung im letzten Haushalt vor den Wahlen auf. Sollte Finanzminister McCreevy wieder seine Spendierhosen anziehen, so würde dies die Gefahr einer harten Landung der irischen Wirtschaft erhöhen.
Ist dies schon ein Anzeichen für ein Abflachen des Wirtschaftsbooms? Im ersten Quartal 2001 ging die Zahl der neu zugelassenen Autos im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres um 23 % zurück.
Montag, 25. Juni 2001
Eine erste Adresse für Kunstdiebstähle ist das Russborough House im County Wicklow. Heute waren es zwei Gemälde (Gainsborough, Bellotto) im Wert von 3,8 Mio. Euro, die die Diebe mitgehen ließen. In die Geschichte eingegangen ist ein Kunstdiebstahl aus den 1980-er Jahren, als sich ‘General Martin Cahill and his Gang’ an gleicher Stelle einen Vermeer, einen Rubens und einen Goya besorgten.
Taoiseach Bertie Ahern zeigt sich überzeugt, dass die EU-Erweiterung nicht aufzuhalten ist. Gemeinsam mit seinen EU-Partnern werde Irland einen Weg aus der Sackgasse finden, die sich durch den negativen Ausgang des Referendums am 7. Juni aufgetan hat.
Jude Devins (Fianna Fáil), neuer Mayor von Sligo, ist mit 25 Jahren der jüngste Bürgermeister in der Geschichte Irlands. Sein Stellvertreter Seán McManus von der Sinn Féin ist älter, er zählt 28 Jahre.
Sonntag, 24. Juni 2001
In der vergangenen Nacht kehrte der Herausgeber dieser Nachrichten nach einem dreiwöchigen Irlandaufenthalt nach Deutschland zurück und brachte eine Reihe von Zeitungsausschnitten mit, aus denen er im Folgenden einen nicht repräsentativen Nachrichtenüberblick für die Zeit vom 4. bis 22. Juni 2001 zusammengestellt hat:
Sonnabend, 23. Juni 2001
Das staatliche irische Fernsehen RTÉ muss sparen und fordert alle Mitarbeiter auf, statt Handys öffentliche Telefone zu benutzen mit Bussen statt mit Taxis zu fahren.
Donnerstag, 21. Juni 2001
Zum ersten Mal seit vielen Jahrzehnten wird an den Bau einer neuen Eisenbahnlinie gedacht. Eine Studie empfiehlt bei geschätzten Baukosten von ca. 50 Mio. Euro eine Bahnverbindung von Cork nach Galway mit Anschluss an Shannon Airport und hält die Verbindung für profitabel.
Mittwoch, 20. Juni 2001
20.000 irische Kleinfarmer können nach einem gestrigen Beschluss der europäischen Landwirtschaftsminister jeweils 1.270 Euro von der EU bekommen, ohne etwas dafür zu tun. Das heißt, einen Finger rühren müssen sie schon: sie müssen eine Erklärung unterschreiben, dass sie beackerbares Land besitzen.
Montag, 18. Juni 2001
Die katholische Kirche in Irland kauft sich frei und ist bereit 114 Mio. Euro in eine Fond zu zahlen, aus dem die Opfer sexuellen Missbrauchs von Priestern und Mönchen entschädigt werden sollen. Im Gegenzug verspricht der Staat von Strafverfahren abzusehen, solange die Opfer dies nicht verlangen.
Sonnabend, 16. Juni 2001
Die Kontrollen bezüglich des Ausschanks von Alkohol an Jugendliche unter 18 Jahren werden strenger. 18 Pubs wurden in den vergangenen Wochen mit einem Hinweis auf das Vergehen an der Tür für 7 bis 30 Tage geschlossen, weitere 30 Fälle liegen zur Entscheidung an.
Freitag, 15. Juni 2001
Schlechte Informationen für den irischen Arbeitsmarkt: mit der Schließung einer Stahlfirma in Cork gehen innerhalb einer Woche 1.000 Arbeitsplätze verloren.
Donnerstag, 14, Juni 2001
Nordirlands oberster Polizist Sir Ronnie Flanagan zeigt sich erfreut, dass ein Drittel aller Anwärter für den neuen nordirischen Polizeidienst Katholiken sind und sieht gute Voraussetzungen dafür, bei den Neueinstellungen ein Verhältnis von 50:50 zu erreichen. In der alten Royal Ulster Constabulary betrug der Anteil der Katholiken nur 8 %.
Mittwoch, 13. Juni 2001
Vielleicht gibt es berühmterer Monster, doch Jan Ove Sundberg, Leiter einer Unterwasserexpedition, hat es auf das aalgleiche Lough Ree Monster abgesehen. Steven Linehan, Besitzer eines Restaurants an dem See bei Athlone, freut sich und informiert: “Wir alle haben das Monster schon einmal gesehen, es hat Hörner auf dem Kopf, und die Töne, die es ausstößt, entsprechen definitiv dem Akzent der Flat Midlands”.
Dienstag, 12. Juni 2001
Die Regierung kündigt an weitere 700 neue Gefängnisplätze einzurichten, um die Zahl vorzeitiger Entlassungen auf Grund von Platzmangel zurückzuschrauben. Derzeit liegt die Zahl der Plätze bei 3215.
Montag, 11. Juni 2001
Die Garda Representation Association (GRA) erwägt eine Klage gegen die Regelung, dass uniformierte Polizisten glattrasiert sein müssen. Es geht um den Fall des irischen Polizisten John Wilson, der an einer ungewöhnlichen Hautkrankheit leidet, die durch das Tragen eines Bartes gemildert wird.
Sonnabend, 9. Juni 2001
Nach einer Meldung des Department for Public Enterprise ist die Regierung auf der Suche nach einem Ort zur zentralen Lagerung radioaktiver Abfälle, vor allem aus dem medizinischen Bereich. Vorschläge liegen noch nicht vor.
Freitag, 8. Juni 2001
Nach einer Meldung der Versicherungsgesellschaft St. Paul Insurance Company gab es in den letzten Jahren ca. 40 Kompensationsklagen gegen Junior Doctors, die bei Operationen falsche Organe entnommen haben.
Donnerstag, 7. Juni 2001
Bei den Unterhaus- und Distriktwahlen in Nordirland gibt es große Gewinne der radikalen Parteien auf Kosten der gemäßigten. Von den 18 nordirischen Sitzen im Londoner Unterhaus gehen 6 (-4) an die eher gemäßigte Ulster Unionist Party (UUP) des nordirischen First Ministers David Trimble, 5 (+3) an die radikale unionistische Democratic Ulster Party (DUP) Ian Paisleys, 3 (+/- 0) an die gemäßigte republikanische Social Democratic Labour Party (SDLP) John Humes und 4 (+2) an die Sinn Féin. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den nordirischen Distriktswahlen, wenngleich die SDLP hier geringfügig mehr Stimmen als die Sinn Féin bekommt. Nach Meinung der meisten Kommentatoren steht der nordirische Friedensprozess nun auf der Kippe, da die Gegner des Nordirlandabkommens in der UUP Munition gegen die gemäßigte Parteiführung unter David Trimble bekommen haben.
Die irische Bevölkerung legt die EU-Erweiterung und Übertragung weiterer Befugnisse nach Brüssel auf Eis und lehnt die von der Regierung und den drei großen Parteien befürwortete Ratifizierung des Vertrages von Nizza ab. In einem weiteren Referendum wird der Streichung der Todesstrafe aus der Verfassung und der Einrichtung eines internationalen Gerichtshofes für Kriegsverbrechen zugestimmt.
Nach einer Meldung des Irish Independent haben Air France und die Swissair Interesse am Erwerb von Aer Lingus angemeldet. Auch eine deutsche Fluggesellschaft namens Lusthansa [sic!] wird als möglicher Kaufinteressent genannt.
Dienstag, 5. Juni 2001
Die für die Staatsunternehmen zuständige Ministerin Mary O’Rourke teilt mit, dass die Regierung beabsichtigt, die defizitäre Fluggesellschaft Aer Lingus so schnell wie möglich loszuwerden.
Montag, 4. Juni 2001
Bei den zentralen Schulexamen protestieren die Eltern gegen die ‘ungerechtfertigte Bevorzugung’ von Schülern aus den Gaeltachtgebieten. Kern des Anstoßes sind Bonuspunkte, die man bekommt, wenn man seine Prüfungsarbeiten in irisch-gälischer Sprache abliefert. Erziehungsminister Michael Woods weist die Kritik zurück und beharrt auf der bisherigen Regelung, die mehr Schüler ermuntern soll, das Irische als Gebrauchssprache zu verwenden
Sonnabend, 2. Juni 2001
Die Zeiten, in denen die ‘Republikaner’ in Nordirland eine Minderheit darstellen, sind gezählt. So stieg der katholische Bevölkerungsanteil in den Six Counties von 34 % im Jahr der Teilung des Landes (1922) auf inzwischen 46 bis 47 %. Allein in den letzten 10 Jahren betrug die Steigerung 4 %, so dass bei bleibender Bevölkerungsentwicklung in 10 bis 15 Jahren Nordirland mehrheitlich katholisch sein wird. So fühlen sich die Unionisten zunehmend in der Defensive und es wird befürchtet, dass sich ihre Wählerschaft bei den Unterhaus- und Distriktswahlen der kommenden Woche zunehmend von der gemäßigten Ulster Unionist Party des nordirischen First Ministers David Trimble zur radikalen Partei Ian Paisleys umschwenkt. Doch auch auf republikanischer Seite kämpft die bisher führende SDLP David Humes mit ihren zwei alten Männern an der Spitze ums Überleben und muss befürchten, ihren ersten Platz in der katholischen Wählergunst an die radikale Sinn Féin zu verlieren, die mit ihrer gutgeölten Wahlkampfmaschine und Gerry Adams an der Spitze bei den jungen Wählern hervorragend ankommt.
Freitag, 1. Juni 2001
RTÉ, Irlands staatliche Rundfunk- und Fernsehanstalt, fährt jeden Monat ca. 2,5 Mio. Euro Verlust ein und plant ihr Jahresbudget um 18 Mio. Euro zu beschneiden und 300 Stellen zu streichen.
Irlandnachrichten: Nachrichten aus Irland – Juni 2001