Jo goes to Dublin

von Jo ***

 

Von Februar bis August 2006 erzählte Jo auf seine amüsante Art im Irlandforum von irish-net von seinem Umzug in die irische Hauptstadt Dublin. Daraus mit Einverständnis des Autors die folgenden, hier und da etwas überarbeiteten Auszüge:

Wie alles begann

1. Februar 2006

Hallo an alle! – Zunächst eine kurze Vorstellung meinerseits. Ich bin 29 Jahre alt, Fachinformatiker und arbeite seit 3 Jahren im Bereich IT-Sicherheit. So weit, so uninteressant. Jetzt zum Thema: Voraussichtlich ab Ende März – der Arbeitsvertrag ist unterschrieben, es fehlt nur noch das Ergebnis des ‘Background-Checks’ – werde ich in Dublin einen neuen Job antreten. Mitkommen wird meine Verlobte und in ihrem Bauch unser Nachwuchs.

Ist es hilfreich, wenn man in Dublin einen Beamten persönlich kennt? Dazu eine kurze Geschichte:

Ich komme zum Vorstellungsgespräch in die irische Hauptstadt, stehe recht dumm in der Gegend herum und suche die Straße meines künftigen Brötchengebers. Ohne Stadtplan und Ortskenntnisse ein hoffnungsloses Unterfangen! Also frage ich kurzerhand einen der Motorradbullen der Garda, der am Straßenrand eine Pause macht, und bekomme auch gleich eine freundliche Auskunft. Es folgt ein kurzer Schwatz über Österreich (welche Rolle spielt es da schon, dass ich aus Deutschland komme?), das Oktoberfest im Allgemeinen, die deutschen Trinkgewohnheiten im Speziellen und das Motorradfahren in Irland. Schließlich erhalte ich eine Polizeieskorte bis vor die Haustür der Firma – ich zu Fuß und er neben mir auf seinem Moped.

Da noch etwas Zeit bis zum Interview ist, unterhalten wir uns noch gut 30 Minuten lang. Die Themen: BMW-Motorräder, das Oktoberfest und Trinkgewohnheiten. Zum Abschied besteht er drauf, dass ich, falls ich den Job bekomme, bei meinem nächsten Besuch in Dublin mit ihm einen trinken gehe. Zur Kontaktaufnahme soll ich in der Garda-Station, Dublin Castle, Traffic Department nach seiner Dienstnummer fragen und meine Handy-Nr. hinterlassen. Die würden ihm dann schon Bescheid sagen! Wir lachen.

Ein super-sympathischer Mittfünfziger, mit dem ich echt gern auf ein Bier gehen würde, zumal ich auf diese Weise jemand kennen lernen würde, mit dem ich vielleicht die eine oder andere Motorradtour unternehmen könnte. Die Frage ist nur: Hat er das ernst gemeint, findet er es wohl wirklich ok, wenn ich mich melde?

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Was noch zu regeln war

27. Februar 2006

Haha, es hat geklappt, wir haben uns beide ‘getraut’. Alles ist gut gegangen, und sie hat JA gesagt. Die Wohnung ist auch schon geräumt, heute Abend die Übergabe. Ich bin noch einmal kurz im Büro, um den ganzen Krempel meinem bald Ex-Arbeitgeber zu übergeben. Am 8. März geht es auf zur Wohnungssuche nach Dublin. Wenn ich erst wieder regelmäßig ins Internet komme, werde ich mich von dort melden.

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Einzug ins neue Heim

11. April 2006

Nachdem ich jetzt endlich einen vollwertigen Internetanschluss habe, will ich mich für all die netten Beileidsbekundungen, resp. Glückwünsche aus dem Forum bedanken! Haben mich sehr gefreut! Gelesen habe ich sie schon vor längerer Zeit, aber im Internetcafe nicht die Zeit und Ruhe gehabt, darauf einzugehen. Seit der Hochzeit hat sich einiges getan, von dem ich jetzt berichten will. Zunächst zur Wohnungssuche:

Wir sind am 8. März in Dublin angekommen und haben wie geplant unser B&B bezogen. Das Zimmer hatten wir bis zum 17. gebucht, danach war alles vergriffen. Halb so wild, in Dublin findet man ja ratzfatz ’ne Wohnung ... ! Hat auch tatsächlich geklappt! In den ersten Tagen sind wir die Sache ein wenig zu locker angegangen, frei nach dem Motto: ‘mach ich’s heut nicht, mach ich’s morgen’. Am Mittwoch – zwei Tage später mussten wir raus aus dem Zimmer – hat sich dann Gott sei Dank über die Agentur Lisney ein Besichtigungstermin ergeben. Bis dahin waren wir entweder nach Erscheinen der DAFT-Anzeigen im Internet zu langsam gewesen oder hatten bei den Wohnungsvermittlern nur unsere Telefonnummer hinterlassen und nie einen Rückruf erhalten. Die einzigen Agenturen, die sich wirklich um uns gekümmert haben, waren die größeren, KPM zum Beispiel und eben Lisney. In der Regel findet man dort auch ein besseres Angebot.

So hatten wir gerade noch rechtzeitig eine Bleibe gefunden, einen Bungalow in einer neuen Wohnanlage in der Cork Street, 5 Minuten zur St. Patrick’s Cathedral. Eine ideale Lage für uns! Die Anlage hat eine Tiefgarage, und wir kommen zu Fuß in die Innenstadt – und ich zur Arbeit. Über die Miete rede ich mal lieber nicht, doch es rechnet sich, wenn man die Kosten für die öffentlichen Verkehrsmittel bzw. den Sprit abzieht, die nun entfallen. Auch ist nicht zu verachten, dass wir in fünf Minuten zu Fuß in der Frauenklinik (Coombe) sind. Wer weiß, wofür das noch gut ist.

Was man auf dem Wohnungsmarkt für sein Geld bekommt ist allerdings enorm. Da wir die Bude als Erstmieter beziehen, hat sie, wen wundert’s, noch ein paar ‘Kinderkrankheiten’. Als da wären:

Shamrock Nasse Wände – allerdings nur wenn es regnet. Im Sonnenstaat Nummer Eins der Welt wohl kein großes Problem!
Shamrock Ein Feuermelder, der sich öfter mal von selbst aktiviert, bevorzugt in den Nachtstunden. Mit Hilfe einer Kneifzange wurde Abhilfe geschaffen, jetzt ist Ruhe.
Shamrock Eine überschwemmte Terrasse – irgendwie idyllisch!
Shamrock Der Rest der Einrichtung ist noch nicht geliefert. Macht nix, und wenn er nach Ablaufen des Mietvertrags immer noch nicht da ist, haben wir uns das Aus- und Einpacken erspart.
Shamrock Risse in der Decke und der Wand – was soll’s, wenn die Bude in 12 Monaten zusammenbricht, sind wir weg. Sollte sie vorher zusammenbrechen, dürfte das auch kein größeres Problem sein, denn bei der Pappbauweise kann niemand schwerwiegend verletzt werden.

Aber das Schlimmste: Anstatt seiner Primäraufgabe nachzugehen, produzierte der Wasserboiler im Bad nur lustige Geräusche statt heißes Wasser. Vorwiegend nachts, und zwar im Duett mit dem oben erwähnten Feuermelder. Doch das Problem hatte der Installateur nach zwei Wochen gefixt. Zuvor stand ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Die Tatsache, dass ich kein warmes Wasser hatte, war nicht der ausschlaggebende Punkt, auch wenn es nicht unbedingt von Vorteil gewesen wäre, eine neue Arbeitsstelle mangels angemessener Körperhygiene mit Pickeln und Ausdünstungen anzutreten.

Viel schlimmer wiegt hier die Existenz einer schwangeren Frau, die sich ein heißes Bad ‘wünscht’, oder besser gesagt, einfordert. Wie soll man ihr plausibel machen, dass das halt im Moment einfach nicht geht? Jegliches rationale Argument wird mit einem “Ich will aber! Mein schwangerer Körper spürt, was er braucht!” zurückgewiesen. Schön. Ich liebe meine Frau. Sie ist bestimmt die beste aller Ehefrauen. Aber manchmal denke ich ... Lassen wir das. Ich habe ihr vorgerechnet, dass ich ihr nicht einmal ein lauwarmes Bad zubereiten kann. Grobe Schätzung: Wir haben 3 Töpfe – insgesamt 2,75 Liter, plus einen Wasserkocher mit 1,5 Liter. Bei einer Erhitzungsphase von 10 Minuten pro Ladung hätten wir 360 Minuten gebraucht, um ein 1/1 Mischungsverhältnis von warmen zu kaltem Wasser zu erzeugen. Die Auskühlung des Wassers während der sechs Stunden miteingerechnet. Doch das hat sie nicht interessiert!

Kurzeitig hatte ich darüber nachgedacht, die Heizspirale der Waschmaschine auszubauen und als gigantischen Tauchsieder zu missbrauchen. Aufgrund meines mangelnden handwerklichen Geschicks wurde der Plan jedoch schnell verworfen. Besser so! Doch schließlich wurde der Boiler nach vier angekündigten und zwei tatsächlichen Besuchen des Klempners repariert. Frau ist glücklich.

 
Wir machen es uns gemütlich

Die Pakete aus Deutschland sind mit GLS sind angekommen. Super freundlich der Fahrer, hatte sogar über Handy einen uns gelegenen Liefertermin ausgemacht. Allerdings waren die Kartons schwer lädiert. Fazit: IKEA-Umzugskartons sind entgegen meiner vollmundigen Ankündigung nicht zum Versand geeignet. Ich kann mir auch vorstellen, dass es ein Fehler ist, auf einen Karton ‘zerbrechlich’ oder ‘fragile’ zu schreiben, und vermute, dass sich das Flughafen- und Postpersonal dann erst recht einen Spaß daraus macht, kräftig reinzutreten.

Über das Internet hatten wir bei Conrad einen Fernseher bestellt, doch verschickt Conrad diese nicht nach Irland. Eine diesbezügliche Rückmeldung erhält man natürlich nicht. Das hat den Unterhaltungswert unserer Abende extrem gesteigert. So stand nur die Stereoanlage und die Xbox zur Verfügung, dazu 1 (in Worten: eine) Karl-Dall-CD. Die wollte Schatzi aber nicht mehr hören. Versteh ich nicht! Schatzi weiß, dass auf der Xbox 160 GB Musik sind. Sie weiß zwar nicht, was 160 GB sind, aber sie weiß, dass das eine ganze Menge ist. Schließlich habe ich oft genug damit angegeben. Nur ist es sehr schwer, in den Ordnern zu navigieren, wenn man mangels TV oder LCD-Display nichts sieht. Was sie nicht interessiert! Ich war froh, den Menüpunkt ‘Music’ gefunden und der Anlage wohlklingende Musik entlockt zu haben. Darauf sie: “Ich will aber gern ‘Gentleman‘ hören!” Ok, bin ich also noch mal auf die Suche gegangen, und als ich dann endlich ‘Gentleman’ gefunden hatte, war es auch keine allzu große Herausforderung mehr, das von ihr gewünschte Lied aufzuspüren.

Zusammengefasst war die zweite Woche unseres Irlandaufenthaltes hauptsächlich durch Herumsitzen und Warten geprägt. Warten auf den Klempner, warten auf die Pakete aus Deutschland, warten auf das Paket von Conrad, warten auf die Sozialversicherungs- sprich PPS-Nummer, warten auf den Mann vom Kabelfernsehen, warten auf Godot. Alles, was wir hatten, war ein tragbarer CD Player und eine Karl Dall CD. Wir können froh sein, dass die Affäre nicht mit einer Schlagzeile ‘Bloody German Family Tragedy in Cork Street’ in der Irish Times endete.

 
Die neue Arbeitsstelle

Mein neuer Job ist interessant und macht mir Spaß: nette Kollegen und neue Herausforderungen. Gut so. Die erste Firmenfeier habe ich nun auch hinter mir, das Aprilfest in Anlehnung ans Oktoberfest. War lustig. Wir haben gesoffen, als gebe es kein morgen. Als der Alkohol (samt bleifreiem Bier, aber das haben nicht mehr alle gemerkt) weg war, marschierten etliche von uns in den nächsten Pub. Ich auch.

Am nächsten Tag erschien ein mir bis dahin völlig fremder Kollege, sprach mich an und fragte, wie es meiner Frau gehe. Ich sehe ihn nur fragend an. Er: “Wir haben uns doch gestern über deine Frau unterhalten!?” Ich sehe ihn weiter fragend an, weiß nicht, wovon er redet. Ja, meine Frau und er hätten doch zwei Jahre an der selben Uni in Madrid studiert. Daran kann ich mich nun wirklich nicht erinnern! Ja, fährt er fort, ob und wann wir uns denn mal privat treffen wollten – er, seine spanische Frau, meine Frau und ich. Ich weiß, das ist der Punkt alles aufzuklären. “Shure”, sage ich, “as soon as she is back in Dublin ...”

Kurz und gut: Alles hat so geklappt, wie ich es mir gewünscht hatte, dabei hatte ich mich schon im Irland-Auswanderer-Bermudadreieck ‘PPS-Nummer – Revenue Office – Letting Agent gefangen gesehen’. Doch dem war nicht so, nicht zuletzt durch die Hilfe hier im Irlandforum. Danke und tausendmal Danke an alle, die dazu beigetragen haben.

 
Ein erstes Resümee

Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich nach einem Monat in Dublin kein bisschen Heimweh habe. Ich vermisse lediglich meinen Schatz. Sie ist seit letzter Woche wieder in Deutschland, doch über das Oster-Wochenende kommt sie zurück. Leider habe ich dann Bereitschaftsdienst, freue mich aber trotzdem drauf.

Ich fühle mich wohl hier, finde die Preise auch nicht so schlimm, wie immer gesagt wird. Sie sind vergleichbar mit denen in München, doch sind mir die Leute hier weitaus sympathischer! Ich denke, wir werden mit unserer Kohle ebenso hinkommen wie in Deutschland. Und was uns schon aufgefallen ist: Baby- und Kleinkindersachen sind um etliches günstiger als ‘zu Hause’. Auch ein positiver Aspekt. Und schließlich möchte ich feststellen, dass weder die irische Mode noch das irische Wetter so schlimm sind, wie sie oft dargestellt werden.

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Ein neuer Erdenbürger

24. August 2006

Ola! – Der Vollständigkeit halber, und um unsere Umsiedlungsgeschichte zu einem vorläufigen Höhe- und Schlusspunkt zu bringen: Unser Sohn Paul hat das Licht der Welt erblickt.

PaulPaul tat am 7. August seinen ersten Schrei auf der grünen Insel, weitere folgten. Es war eine im Großen und Ganzen unkomplizierte Geburt. Die Sache war nach insgesamt 25 Minuten im National Maternity Hospital – ja, genau das, das abgerissen werden soll – gelaufen, Paul drei Wochen zu früh geschlüpft. Durch Fehleinschätzungen meinerseits (Bank Holiday Weekend, Festivals) sind wir reichlich spät losgefahren, und im Krankenhaus ging die Sache dann ratzfatz. Kommentar der Hebammen: “Seven minutes in the labour room – German efficiency!” Mutter und Kind haben alles gut überstanden. Ich auch.

Einen schönen Gruß noch,
Jo

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Weitere Berichte


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